Covid-19-Forschung: Clausthaler Projekt läuft an

Ein probates Mittel zum Eindämmen von Epidemien und Pandemien sind Hygienemaßnahmen, durch die der Kontakt mit dem Virus vermieden wird. Noch besser wäre es, die Viren unschädlich zu machen. An diesem Punkt setzt das neue Forschungsprojekt „Grundlagen der Plasmadesinfektion zur Inaktivierung von Viren in Aerosolpartikeln: Einfluss von Flüssigkeitsfilmen“ der TU Clausthal an.

Das Vorhaben startet am 15. Juli und wird in den kommenden zwölf Monaten von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit rund 100.000 Euro gefördert. Beteiligt an dem hochaktuellen Projekt sind Juniorprofessorin Nina Gunkelmann aus dem Vorstand des Simulationswissenschaftlichen Zentrums Clausthal-Göttingen (SWZ) und Professor Alfred Weber, Leiter des Instituts für Mechanische Verfahrenstechnik der TU Clausthal und Vorsitzender der VDI/Dechema Fachgruppe „Aerosoltechnik“.

Der Hintergrund: Plasma wird neben den drei allgemein bekannten Aggregatzuständen fest, flüssig und gasförmig häufig als vierter Aggregatzustand bezeichnet. Es wird durch das Erhitzen der Materie auf üblicherweise 100.000 Grad oder mehr erzeugt. Ein typisches Beispiel dafür ist die Sonne. Man kann jedoch auch kaltes Plasma schaffen, bei dem das Gas nur teilweise ionisiert ist. Dabei wird dem Gas gerade so viel Energie zugeführt, dass zwar die Elektronen in Bewegung gebracht und somit heiß werden, jedoch nur wenige Teilchen ionisiert werden. Die Elektronen können dabei viele Tausend Grad heiß sein, ohne dass sich die Temperatur des gesamten Plasmas auf mehr als Raumtemperatur erhöht.

Kalte Plasmen wie die sogenannte dielektrische Barriere-Entladung werden verwendet, um Mikroorganismen gezielt zu inaktivieren und zu eliminieren. Konkret werden sie seit einigen Jahren eingesetzt, um toxische oder unerwünschte Schadstoffe in der Raumluft oder in Abgasströmen zu beseitigen. Sogar zur gezielten Zerstörung von Krebszellen werden sie genutzt. Dies gelingt, ohne die Umgebung zu schädigen oder Schadstoffe zu produzieren. Folglich sind Plasmen besonders geeignet für die Sterilisation von medizinischen Instrumenten, Textilien, Lebensmitteln und sogar der Haut oder Wunden.

Das Ausschalten von Viren in Aerosolpartikeln hat durch die Covid-19-Pandemie enorm an Bedeutung gewonnen. Ein neuer Ansatz besteht darin, die Partikel zu filtern und die Viren anschließend mit kaltem Plasma abzutöten. „Noch effizienter wäre es, die Viren direkt im Aerosolzustand zu inaktivieren“, sagt Professorin Nina Gunkelmann: „Jedoch sind die Viren im Aerosolzustand von Feuchtigkeitsschichten umgeben und die Wechselwirkung zwischen den Plasmaspezies und der Flüssigkeitsschicht ist bisher nur unzureichend verstanden.“ Simulationen auf Atomebene könnten fundamentale Einblicke in die Vorgänge der Plasmadesinfektion liefern, die durch Experimente nur schwer oder gar nicht zugänglich sind. „In unserem Projekt werden Molekulardynamiksimulationen durchgeführt, um die Wechselwirkungsmechanismen von reaktiven Plasmaspezies mit Flüssigkeitsfilmen, welche die Viren umgeben, zu untersuchen“, so Forscherin Gunkelmann. Diese Simulationsrechnungen werden verglichen mit Messungen an ummantelten Aerosol-Surrogatpartikeln.

Mit dem Projekt leistet die TU Clausthal einen Beitrag, um die Pandemie, neben Impfungen und mit Medikamenten, auf einer weiteren Ebene nachhaltig zu bekämpfen. Die DFG unterstützt das Forschungsvorhaben im Rahmen ihrer neu geschaffenen „Fokus-Förderung COVID-19“ zum Thema „Aerosolpartikel und ihre Ausbreitung“.

 

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Virus auf verschiedenen Ebenen dargestellt

Schematische Darstellung der Projektidee: Bei der Inaktivierung von Viren in Aerosolpartikeln mit Hilfe von Plasma müssen Flüssigkeitsschichten berücksichtigt werden. Grafik: SWZ