Wie schnell fliegen Sektkorken? SAT.1-Team drehte in Clausthal

Clausthal-Zellerfeld. Bald ist es wieder soweit: Millionen Sektkorken werden zum Jahreswechsel knallen und so manchem um die Ohren fliegen. Mit welchem Tempo zischen die kleinen Stopfen aus Kork oder Kunststoff eigentlich durch die Luft? Um dieser Frage nachzugehen, drehte ein Fernsehteam des SAT.1-Wissensmagazins „Planetopia“ im Institut für Physik und Physikalische Technologien der TU Clausthal. Gesendet wurde der Beitrag am Sonntag. Wer den TV-Bericht verpasst hat, kann sich die Wiederholung des Experiments live ansehen: am 18. Dezember im Rahmen der Clausthaler Weihnachtsvorlesung (10.30 Uhr, Großer Physik-Hörsaal).

Ein Weltklassesprinter wie Olympiasieger Usain Bolt schafft 35 Kilometer pro Stunde, ein Fußball kann beim Freistoß auf mehr als 100 km/h beschleunigt werden. Die Geschwindigkeit eines fliegenden Korkens liegt wohl irgendwo dazwischen, vermutete TV-Redakteur Oliver Franz. Die Antwort und schöne Bilder erhoffte er sich vom Clausthaler Professor Friedrich Balck, der eigens eine Apparatur entworfen hatte, um die Frage zu klären und das Ergebnis für spätere Experimentalvorlesungen zu nutzen. Es war nicht das erste Mal, dass der Journalist und der Wissenschaftler zusammentrafen. Vor wenigen Monaten hatte sich das Fernsehteam im Oberharz von Professor Thomas Hanschke Warteschlangentheorie erläutern lassen, wobei Professor Balck für einen experimentellen Teil zuständig war.

Korken explodieren im Normalfall mit 40, im Extremfall mit 100 km/h

Nun bestimmte der Physiker zunächst mittels Kanüle und Messgerät den Druck, der in einer Sektflasche auf den Stöpsel wirkt: „Ist eine Flasche gut geschüttelt, sind es ungefähr 2,5 bar - wie bei einem Autoreifen.“ Anschließend setzte Professor Balck einen Korken genau dem Druck von 2,5 bar aus. Dazu hatte er der Flasche den unteren Teil abgeschnitten und sie stattdessen mit einem Metalleinsatz verklebt, in den sich Pressluft füllen ließ. Nach der „Explosion“ wurde das Tempo des Verschlusses auf zweierlei Weise erfasst: Einmal optisch, indem eine Lichtschranke eine Hochgeschwindigkeitskamera auslöste und auf dem Bildverlauf die Meter pro Sekunde abgelesen werden konnten - wie auf einem Zielfilm beim 100-Meter-Lauf. Zum anderen lief die Messung auch akustisch, indem das Ploppen beim Start und der Aufprall eine halbe Sekunde später auf eine Papierwand erfasst wurden. „Das entspricht dann bei einer Strecke von 5,5 Metern, die wir hier vorliegen hatten, etwa einer Geschwindigkeit von 11 Metern pro Sekunde, und das lässt sich umrechnen in etwa 40 km/h“, erörterte Professor Balck.

Ist die Flasche bereits geköpft, ist Wegducken vor dem Korken eigentlich zwecklos

Um die Maximalgeschwindigkeit zu nennen, die ein Korken erreichen kann, hatte sich der Forscher der Tempofrage am Tafelbild auch rechnerisch angenommen. Einen Druck von 3 bar, keinerlei Reibung und eine sonnengewärmte Sektflasche vorausgesetzt, könnte die „Kugel“ bis zu 100 km/h schnell werden. Lohnt es sich da überhaupt noch, sich wegzuducken, wenn die Flasche bereits geköpft worden ist? Eigentlich nicht. „Eine Schrecksekunde umfasst erfahrungsgemäß etwa eine Sekunde, und in dieser Zeit fliegt ja schon der 40 km/h schnelle Korken 11 Meter weit, insofern wäre Wegducken zwecklos“, so Friedrich Balck. Was also sollte man tun, um an den kommenden Feiertagen nicht Opfer eines Kanoniers zu werden? „Wenn die Flasche ungeschüttelt aus dem Kühlschrank kommt, ist eigentlich kein Druck drauf.“

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Professor Friedrich Balck (kl. Foto) baute eine Apparatur, um die Geschwindigkeit von fliegenden Sektkorken exakt zu messen. SAT.1 und RTL filmten das Experiment, das an der TU Clausthal für verschiedene Experimentalvorlesungen genutzt wird.