Schnellcharakterisierung von Hochleistungsbatterien – HoLiSens

Forschungszentrum Energiespeichertechnologien und Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut nehmen leistungsfähige Testinfrastruktur in Betrieb.

Lithium-Ionen-Batterien (LIB) sind immer häufiger in tragbaren Geräten, als Heimspeicher für Solarenergie oder beispielsweise in Elektrofahrzeugen zu finden. Immer größere Anforderungen in verschiedenen und neuen Anwendungen führen zur Entwicklung von Batterien mit immer mehr Leistung und Energieinhalt bei gleichen Volumen und gleicher Masse. So hat sich die Reichweite baugleicher Elektroautos zum Teil innerhalb weniger Jahre verdoppelt. Damit insbesondere bei leistungsfähigen Zellen und Modulen Untersuchungen mit einer relevanten elektrischen Belastung durchgeführt werden können, ergeben sich steigende Anforderungen an die Testinfrastruktur. Für heutige Hochleistungszellen sind Lade- und Entladezeiten im Minutenbereich schon keine Seltenheit mehr – daraus folgt z.B., dass eine 10 Ah-Zelle mit 1000 A belastet werden kann. Das können die meisten Batterietestsysteme nicht mehr leisten. Dieses gilt umso mehr, wenn mehrere Zellen zu Modulen verschaltet werden und die Stromtragfähigkeit dann bei höherer Spannung gewährleistet werden muss.

Auf dem EnergieCampus Goslar ist daher jetzt eine neue Prüfinfrastruktur in Betrieb genommen worden, die die Untersuchung von Batteriemodulen bis zu einer Spannung von 60 V und mit Strömen von mehr als 2000 A ermöglicht. Um eine möglichst hohe Flexibilität zu ermöglichen und auf kommerzielle Systeme zurückgreifen zu können, wird die Stromtragfähigkeit durch das Parallelschalten mehrerer Kanäle hergestellt.

Performance-Prüfungen mit Hochstrombelastungen von (prototypischen) Zellen und Modulen, wie sie aus verschiedenen Forschungsprojekten der beiden Projektpartner des Forschungszentrums Energiespeichertechnologien (EST) und dem Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (HHI) vorliegen und sich nicht nur auf die Lithium-Ionen-Technologie beschränken, gehen immer auch mit einer potentiellen Gefährdung einher. Da die Prüflinge zudem unter standardisierten Bedingungen getestet werden müssen, ist neben der elektrischen Infrastruktur auch eine sichere und klimatisierbare Prüfumgebung geschaffen worden. Diese ist entsprechend den Sicherheitsanforderungen mit einem Notabschaltsystem, einer Löschanlage, einer Abführung und Neutralisation von Havariegasen sowie einem Alarmsystem ausgestattet. Die Luftfeuchte und der Temperaturbereich orientieren sich dabei an den Spezifikationsgrenzen von gegenwärtigen Lithium-Ionen-Batterien, wobei auch die zu erwartenden Extrembereiche momentaner und zukünftiger Anwendungsgebiete abgedeckt werden.

Leistungsüberprüfungen und Lebensdaueruntersuchungen von Zellen und Modulen erfolgen einhergehend mit der Charakterisierung durch die nach dem Stand der Technik neuesten Analysemethoden. Die Prüfstände sind daher jeweils mit einer Einheit zur elektrochemischen Impedanzspektroskopie (EIS), die auch die Auswertung harmonischer Schwingungen bei einer Anregung außerhalb des linearen Bereichs erlaubt (Nichtlineare elektrochemischen Impedanzspektroskopie NLEIS), ausgestattet. Damit können bis auf die Einzelzellebene alterungsspezifische elektrochemische Abläufe identifiziert und ausgewertet werden.

„Mit der neuen Infrastruktur können wir jetzt auch modernste Speichertechnologien in ihren elektrischen Grenzbereichen sicher testen und bewerten. Neben LIB lassen sich auch neue Technologien wie etwa Aluminium-Ionen-Batterien sowie sogenannte Superkondensatoren untersuchen“, freut sich Dr. Ralf Benger vom EST auf die Nutzung der neuen Prüfstände.

Die Integration mit faseroptischen Sensorsystemen eröffnet darüber hinaus die Möglichkeit, sowohl Zellhavarien frühzeitig zu detektieren als auch Degradationsprozesse zu erkennen. Durch Online-Adaption der elektrischen Belastung an die vorliegende Ausdehnung wird es möglich, neuartige Schnellladealgorithmen nicht nur an die Temperatur, sondern zusätzlich an die mechanische Volumenänderung oder -änderungsrate der Zellen anzupassen. „Aus der Kombination von Faseroptischer Sensorik und elektrischen Grenzleistungstests mit leistungsstarken Prüfständen ergeben sich völlig neue Optionen bei der Entwicklung sicherer und hoch performanter Speichersysteme“, so Dr. Antonio Nedjalkov vom Fraunhofer HHI.

Der Aufbau der neuen Prüfanlagen mit integrierten Sensorsystemen wird im Verbundprojekt „HoLiSens“ (FKZ: 03XP0438) vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Initiative „ForBatt“ mit insgesamt 966.300 Euro gefördert. Die Koordination und die Planung des Vorhabens liegen bei der TU Clausthal.

 

Kontakt:
Technische Universität Clausthal
Forschungszentrum Energiespeichertechnologien EST
Dr.-Ing. Ralf Benger
Telefon: +49 5321 3816-8067
E-Mail: ralf.benger@tu-clausthal.de
www.est.tu-clausthal.de

Moderne Speichertechnologien sicher testen: Auf dem EnergieCampus Goslar wird eine neue Prüfanlage mit integrierten Sensorsystemen in Betrieb genommen. Foto: Forschungszentrum Energiespeichertechnologien