Clausthaler Forscher misst Aerosole und Kohlendioxid im Hörsaal

Corona-Ansteckungsgefahr: Professor Wolfgang Schade und sein Team vom Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut haben Experimente im Großen Physik-Hörsaal der TU Clausthal durchgeführt.

Zentrales Element der Untersuchungen ist der Dummy „Oleg“, der mitten im Hörsaal des Clausthaler Instituts für Energieforschung und Physikalische Technologien (IEPT) sitzt. Durch einen Schlauch aus Mund und Nase verbreitet die Puppe genau definierte Mengen Aerosole und CO2 – so wird die menschliche Normalatmung eines Studierenden simuliert. Die Verbreitung der Aerosole – Durchmesser einige Hundert Nanometer bis Mikrometer – wird daraufhin mal mit und mal ohne Maske an verschiedenen Punkten des Auditoriums gemessen. „Ziel dieser experimentellen Untersuchung ist es, eine SARS-CoV-2 Risikobewertung für die Durchführung von Vorlesungen in diesem Hörsaal daraus abzuleiten“, sagt Professor Wolfgang Schade.

Der Forscher vom IEPT der TU Clausthal leitet die Abteilung Faseroptische Sensorsysteme des Fraunhofer Heinrich-Hertz-Instituts (HHI) am Standort Goslar. Bei der Untersuchung im Hörsaal unterstützen ihn Doktorand Vladislav Reimer und Dr. Ulrike Willer. Erstmals durchgeführt hatte das HHI-Team das Experiment Mitte November im Zuge einer Studie des Konzerthauses Dortmund zusammen mit der Firma Parteq (Messtechnik). Die Studie zielt darauf ab, experimentelle Daten zur Beurteilung einer möglichen Corona-Ansteckungsgefahr bei Konzertbesuchen zu gewinnen und hat bereits viel Medienecho erfahren (WDR, Spiegel und Welt). Auch das Umweltbundesamt zeigte Interesse und ließ sich die Ergebnisse vorstellen.

Die vorläufige Schließung aller Kulturbetriebe durch aktuelle Pandemievorschriften hatte das Konzerthaus Dortmund dazu veranlasst, die Ansteckungswahrscheinlichkeit in Konzertsälen bei eingehaltenen Sicherheitsmaßnahmen genauer untersuchen zu lassen. Diverse Studien zum Thema Aerosol-Ausstoß hatte es zuvor bereits zum Singen und Musizieren mit Blasinstrumenten gegeben. Das Projekt in Dortmund ist hingegen die erste Studie, die die Aerosol- und CO2-Verbreitung im Zuschauerraum betrachtet.

Die ausgeschiedenen Aerosolpartikel verändern sich je nach Umgebungsbedingungen in ihrer Größe und Zusammensetzung; Partikel schrumpfen beispielsweise beim Übergang aus den Atemwegen in die Raumluft durch Verdunstung an enthaltenem Wasser. Insbesondere die Lüftung und Temperatur des Konzert- bzw. Hörsaals beeinflussen die Verteilung der Partikel und des CO2-Ausstoßes maßgeblich. Die Prozesse, die zur Ausbildung und Veränderung der Aerosol- und CO2-Konzentrationen führen, sind von einer Vielzahl unterschiedlicher Faktoren abhängig und im Einzelfall kaum vorherzusehen.

Die Auswertungen der Untersuchungen im Konzerthaus Dortmund zeigen, dass die dort installierte Lüftungsanlage schon auf sehr kurze Distanzen erhebliche Verdünnungseffekte von konzentriert eingeleiteten Aerosolen und CO2 erzeugt und damit die Ansteckungsgefahr gering ausfällt. Für den Großen Physik-Hörsaal der TU Clausthal verhält es sich ähnlich, so Professor Schade, der auch Untersuchungen im Audimax der Universität sowie in Klassenräumen von Schulen in Goslar plant.

 

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Rauch kommt aus dem Mund einer Schaufensterpuppe, die neben einem Gerät sitzt

Im Großen Physik-Hörsaal der TU Clausthal sind experimentelle Untersuchungen durchgeführt worden, um Daten zur Beurteilung einer möglichen Corona-Ansteckungsgefahr zu gewinnen. Die Messungen (siehe auch Bild unten) wurden an verschiedenen Punkten des Raumes gemacht. Fotos: Ernst